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Wolfgang Tunze
Die Jüngeren unter uns wissen es vielleicht gar nicht: Es gab in Deutschland einmal eine Periode trostloser Unwissenheit. Nur die Hellhörigen im Lande hatten bereits den Begriff High Fidelity vernommen, manche konnten sogar schon das passende Kürzel HiFi semantisch einordnen. Doch wer sich damals, wir sprechen von den frühen Sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, zum Beispiel einen Musikschrein aus dem Hause Grundig zulegte, entschied noch nach anderen Güte-Kriterien. Repräsentativ sollte er aussehen, zu neobarockem Interieur sollte er passen. Und wie war das mit dem Klang? Der hielt eben längst nicht, was das hölzerne Ton-Gebäude versprach. Das jedenfalls musste Karl Breh erfahren, ein junger Physiker und Musik-Enthusiast aus Karlsruhe. Das frustrierende Schlüsselerlebnis mit seiner kostspieligen Fehl-Anschaffung sollte Brehs spätere berufliche Ambitionen nachhaltig prägen. Seine Beschäftigung als Lektor und Übersetzer für wissenschaftliche Publikationen inspirierte ihn zu einem verwegenen Plan. Er konnte seinen Verleger für die Idee gewinnen, in eine Zeitschrift für High Fidelity zu investieren. Als HiFi Stereophonie ging sie 1962 an den Start, 1964 übernahm Breh die Chefredaktion. Das Magazin entwickelte sich in den Folgejahren zum Leitmedium für schöneres Hören – und dafür gab es gute Gründe: Brehs Konzept stand für Geradlinigkeit, Transparenz und Sachverstand. Gefälligkeitstests, in späteren Publikationen keine Seltenheit, gab es bei Breh nicht. Akustische Beurteilungen wurden stets in Blindtests ermittelt. Musikjournalisten und andere Experten bildeten die Hör-Jury. Im Messlabor arbeiteten Koryphäen, die zu jedem einzelnen Dezibel eine abendfüllende Debatte anzetteln konnten. Diese Art des Purismus hatte viel mit Brehs Charakter zu tun. Er war ein Mann der klaren Kante, faule Kompromisse waren nie sein Ding. Mit dieser Haltung führte er gleich noch ein weiteres Projekt an: 1968 wurde er zum Vorsitzenden des Deutschen High Fidelity Instituts, kurz DHFI, gewählt. Diese Branchen-Organisation, zur Zeit ihrer Gründung in den frühen 1960er Jahren noch ein kleiner Klub, organisierte von 1968 an HiFi-Messen in Düsseldorf, vermittelte Fachwissen in Händlerschulungen, gab Test- und Messschallplatten heraus und stellte in Publikumsveranstaltungen auf die Bühne, was man heute nur noch selten hört: Breh liebte konzertante Auftritte, in denen live aufspielende Musiker die Vorlage zum Direktvergleich mit der anschließenden Wiedergabe über eine hochkarätige HiFi-Anlage lieferten. Breh behielt den DHFI-Vorsitz 30 Jahre lang. So verlieh ihm seine Anhängerschaft einen bis heute singulären Ehrentitel: Der Frontmann von HiFi Stereophonie und DHFI wurde zum deutschen HiFi-Papst. In dieser Eigenschaft half er auch, Trends zu setzen. Als glühender Anhänger der Quadrophonie machte er sich für mehrkanalige Tonformate stark, die moderne immersive Klangwelten vorwegnahmen. Der Raum, so beschrieb er es einmal, sei das Gewand der Musik – eine schöne Metapher. Doch die HiFi Stereophonie, inzwischen geadelt zum „Organ des DHFI“, geriet in den 1980er Jahren in schweres Fahrwasser. Neu gegründete HiFi-Zeitschriften nahmen dem Karlsruher Magazin seine langjährige Monopolstellung, und vor allem: Die Macher der jüngeren Blätter verstanden sich oft besser auf eine unterhaltsame Leser-Ansprache und erschlossen damit jüngere Zielgruppen. So wurde das Jahr 1983 zum letzten HiFi-Stereophonie-Jahrgang. Breh wechselte nach Stuttgart zur Zeitschrift Stereoplay, übernahm dort wenig später für weitere 12 Jahre die Chefredaktion und hielt seinen Idealen bis zum Ende seines Arbeitslebens die Treue. Karl Breh ist am 17. August 2024 im Alter von 92 Jahren in Karlsruhe gestorben. Wer mit ihm arbeiten durfte, erinnert sich dankbar an die inspirierende Zeit.
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Axel Echelmeyer
1988 Praktikant/Redaktionsassistent in der Stuttgarter Redaktion von stereoplay. Danke für die tolle Zusammenarbeit!
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Christina
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Wilfried Kress
Als ich 1990 zu ihm nach Stuttgart kam, war er bereits eine Instanz, „der deutsche HiFi-Papst“, der Grandseigneur seiner Zunft. Ich habe an ihm immer bewundert, wie eindeutig ihm das Thema HiFi über der Profession des Journalismus stand, nie wäre es ihm in den Sinn gekommen, der höheren Auflage wegen zu einem Magazin mit anderem thematischen Schwerpunkt zu wechseln. Die Grundlagen der Physik und die Liebe zur Musik standen über allem. Wie unersetzlich er als Fels in der Brandung gegen die zunehmende Kommerzialisierung des Journalismus war, haben wir in der Redaktion erst wirklich verstanden, nachdem er sich in den Ruhestand verabschiedet hatte. Danach war nichts mehr, wie es war, und nichts wurde besser. Sein Rat, mich in die technischen Grundlagen der High Fidelity einzuarbeiten, „damit Ihnen niemand ein X für ein U vormachen kann“, hat mir einst den Weg gewiesen. Dafür bin ich ihm noch heute dankbar. Machen Sie‘s gut da oben, Chef. Und halten Sie mir ein Plätzchen in Ihrer Nähe frei. Es gibt da ein paar Dinge, über die wir uns mal unterhalten müssen…