Lutz von Rosenstiel

Nachdem ich im Studium 1986-91 seine 'Grundlagen der Organisationspsychologie' in 2. Auflage (1987) studieren durfte und zugleich während vieler Jahre seine Vorlesungen und Seminare besuchte, habe ich in den letzten Jahren immer wieder in der 6. und letzten Auflage (2007) seiner 'Grundlagen' gelesen.

Seinen Erkenntnisprozess dieser 20 Jahre nachvollziehen zu dürfen, ist eine ebenso ernsthafte wie vergnügliche Reise. Ein Werk von bleibendem Wert, mit immer wieder inspirierenden, hilfreichen und umsetzbaren Anregungen.

Die Interaktionen mit ihm, ob nun im Doktorandenkolloquium der drei Münchner Hochschulen, bei Anlässen in Unternehmen, bei einer letzten persönlichen Begegnung an der FHNW in der Schweiz, bleiben für mich frisch, als seien sie gestern gewesen.

Ich kenne kein anderes Lehrbuch der Organisationspsychologie, in dem ein so wacher Geist die Beziehung zwischen Organisation, Person, Wirtschaft und Gesellschaft diagnostiziert und innoviert, unser Forschen und Denken so weitsichtig ordnet, unser Handeln öffnet und doch verlässlich positioniert.

Seine humanistisch-empirische Grundhaltung, sein praktisch-philosophisches Denken, sein Humor und seine einzigartig genaue Sprache tragen zu einer Unternehmens- und Wirtschaftspraxis bei, die trotz stetig anhaltender gegenläufiger Trends zu Würde und Fairness hinführt, die humanistisch-normativ bleibt, aber ohne jede Ideologie auskommt.

Für die, die ihn erleben durften, ist er für immer in ihren Herzen. ¡Vaya con Dios!, Lutz von Rosenstiel

Es ist nun genau 30 Jahre her, daß ich als junge Frau nach München an die Uni wechseln wollte. Damals unmöglich, außer man hielt ein persönliches Empfehlungsschreiben in den Händen. Prof. Rosenstiel stellte dies der jungen Frau damals nach einem Motivationsgespräch aus. Ich war sicher sehr schlecht und eigentlich wollte ich auch nur aus Liebeskummer nach München und lieber klinische Psychologie machen. Doch davon erwähnte ich nichts. Ich bekam es dennoch und ich habe dann beides studiert, um nicht wortbrüchig zu werden. Ich habe meinen Mann hier kennengelernt und drei Kindern das Leben geschenkt, die nun auch bereits studieren. Alles wäre anders gekommen ohne seine Großzügigkeit. Ich wollte ihm heute schreiben, welche Rolle er, ohne es zu wissen in unser aller Leben spielte. Leider um ein Jahr zu spät, das tut mir sehr weh! Ich hoffe dass seine Familie diese Begebenheit tröstet, als eine Spur seiner Herzlichkeit mit großen Konsequenzen im Leben anderer Menschen. Danke!!!!! Helgit Renner-Moser

Mit Lutz v. Rosenstiel ist ein Wissender von uns gegangen, welcher sein Können und Wirken begnadet weitergegeben hat.

Lutz von Rosenstiel war einer der wirklich grossen Organisationspsychologen Deutschlands.

Mindestens eine Generation von Studenten, nämlich die Gründungsstudenten der Uni Augsburg, jedoch auch ihre Nachfolger an dieser Hochschule sowie auch die Münchner und Studenten anderswo sowie zahlreiche Praktiker verdanken Lutz von Rosenstiel eine praxisorientierte interdisziplinäre Einführung und Heranführung an die Forschungen in seinem Fach.

So wirkt er nicht nur idolhaft und durch seine bleibenden Eindrücke und Veröffentlichungen, sondern auch konkret in der deutschen Wirtschaft weiter.

Einer der Bedeutendsten der Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie ist von uns gegangen. Angefangen mit Lutz von Rosenstiels Lehrbüchern während meines Studiums bis hin zur gemeinsamen Herausgabe der Buchreihe 'Psychologie und Beruf' (Vandenhoeck & Ruprecht) habe ich seine fachliche Brillanz, sein entschiedenes Engagement für wissenschaftlichen Pluralismus und gegen die akademische Evaluations- und Controllingkrankheit sowie seine in der Praxis wider den einfältigen Zeitgeist des Quartalsdenkens wirkende humanistisch orientierte Verbindung psychologischer und wirtschaftlicher Interventionskonzepte sehr zu schätzen gelernt.

Eines darf ich nicht nur dem von uns Gegangenen, sondern auch dem Verfasser des SZ-Nachrufs versichern: Die 'letzte Viertelstunde des Humanismus in der deutschsprachigen Wirtschaftspsychologie' hat keineswegs geschlagen. Wer unser Fach und diejenigen, die es tragen, wirklich kennt, weiß, dass dem babylonischen Turm einer für kurzfristiges Aktionärsdenken instrumentalisierten Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie durchaus nachhaltig von einigen Kolleginnen und Kollegen entgegen gearbeitet wird. Dies geschieht im Interesse einer Wirtschaft für den Menschen, wie es dem großen Werk des Verstorbenen entspricht.

Univ.-Prof. Dr. Wolfgang G. Weber